Ein Cyberangriff, ein großflächiger Stromausfall, eine Evakuierung – Krisen treffen Organisationen meist unvorbereitet. Business Continuity Management (BCM) sorgt dafür, dass kritische Prozesse weiterlaufen. Doch Pläne allein reichen nicht. Erst durch eine gezielte Simulation zeigt sich, ob BCM im Ernstfall wirklich funktioniert – und ob Ihre Organisation im Krisenfall handlungsfähig bleibt.
Warum BCM entscheidend ist
In der heutigen Zeit steigt die Zahl der Risiken und deren Komplexität. Ob IT-Ausfall, Cyberangriff, Lieferkettenunterbruch oder Naturkatastrophe: Jede Störung kann große Auswirkungen auf Betrieb, Reputation und Finanzen haben. Ein gut aufgestelltes BCM-System ist daher kein „nice to have“, sondern essenziell.
Doch in vielen Organisationen zeigen sich Schwächen:
- Notfallpläne existieren, sind aber veraltet oder wurden nie geübt.
- Rollen und Verantwortlichkeiten im Krisenfall sind unklar.
- Abhängigkeiten (z. B. von IT-Systemen, Lieferanten, Stromnetz) wurden nicht vollständig durchdacht.
- Mitarbeitende wissen nicht, wie sie im Ernstfall handeln sollen.
Wenn solche Defizite bestehen, kann eine Krise schnell in Chaos münden – statt in kontrollierter Reaktion.
Der BCM-Prozess im Überblick
Ein professionelles BCM durchläuft typischerweise mehrere Phasen – von der Analyse über Planung bis zur Übung und Verbesserung.
Die zentralen Schritte:
- Business Impact Analyse (BIA)
Identifikation von kritischen Prozessen und deren Abhängigkeiten: Wie lange kann ein Prozess ausfallen (Maximum Tolerable Downtime / MTD), welche Auswirkungen (finanziell, operativ, reputativ) entstehen? - Risikoanalyse
Bewertung möglicher Ausfallszenarien (z. B. Cyberangriff, Stromausfall, Personalausfall, Lieferkettenunterbrechung) hinsichtlich Eintrittswahrscheinlichkeit und Auswirkung. Hier werden auch technische und organisatorische Abhängigkeiten sichtbar. - Strategie & Maßnahmen
Ableitung von Maßnahmen zur Risikominimierung: Redundanzen aufbauen, Ersatzprozesse definieren, Eskalationspfade etablieren, Kommunikationswege sichern. - Dokumentation
Erstellung von Notfall- und Kontinuitätsplänen (Business Continuity Plans oder BCPs), die Rollen, Verantwortungen, Abläufe, Eskalation und Wiederanlaufzeiten enthalten. - Simulationen und Tests
Planung und Durchführung von Übungen, Tabletop-Runden oder realitätsnahen Simulationen, um die Effektivität der Pläne zu überprüfen. - Lessons Learned & Verbesserung
Nach der Übung: Analyse der Beobachtungen, Schwachstellen-Identifikation, Ableitung eines Maßnahmenplans zur Optimierung.
Warum Simulationen so wichtig sind
Ein Plan auf dem Papier ist gut, aber wenn im Krisenmoment niemand weiß, wie er ihn anwenden soll, bleibt er wirkungslos. Simulationen transformieren Theorie in Praxis: Sie zeigen, ob Abläufe funktionieren, ob Rollen klar sind, ob Kommunikationswege greifen.
Zum Beispiel erläutert ein Fachartikel: „Simulationen … testen die BCM-Verfahren und -Ressourcen unter realistischeren Bedingungen“ – und decken oft auf, dass Teams etwa Ersatzsysteme nicht gekannt oder Kommunikationswege nicht genutzt wurden. (Quelle: https://www.computerweekly.com/de/feature/Vorlagen-fuer-Business-Continuity-und-Disaster-Recovery-Tests?utm_source=chatgpt.com)
Regelmäßige Tests sind zugleich auch ein Kernelement eines BCM-Lebenszyklus: vorbereiten, planen, implementieren, testen, anpassen. Ohne diese Praxis bleibt BCM ein Dokumentenwerk – aber keine gelebte Krisenfähigkeit.
Beispiel: Simulation „Totalausfall des Stromnetzes“
Um die Bedeutung greifbar zu machen, betrachten wir ein konkretes Szenario-Beispiel:
Szenario
Ihr Hauptstandort verliert plötzlich die Stromversorgung – z. B. durch einen Groß-Netzausfall. Arbeitsplätze, Server, Klimatisierung, Netzwerk sind betroffen. Mitarbeiter können nicht vor Ort arbeiten, Systeme fallen aus. Externe Kommunikation ist unterbrochen.
Ziel
Testen Sie:
- Funktioniert Ihre Notstromversorgung bzw. Umschaltung auf Backup-Strom?
- Können Mitarbeitende in den Home-Office-Fallback wechseln?
- Wie läuft die Kommunikation zwischen IT, Business, Management ab (Alarmierung, Eskalation, Kundeninfo)?
- Welche Prozesse (z. B. Produktion, Kundenservice, Finanzbuchhaltung) sind kritisch und wie werden diese aufrechterhalten oder priorisiert?
Ablauf
- Vorbereitung (2 Tage): Definition Szenario, Teilnehmer bestimmen (IT, Facility, Business Units, Management), Material bereitstellen.
- Durchführung (½ Tag): „Es ist 09:00 Uhr – Strom am Hauptstandort fällt (simuliert) aus“ – das Signal wird gegeben. Die Teilnehmenden folgen dem Notfallplan: Notstrom aktiviert, kritische Systeme priorisiert, Mitarbeitende über mobile Kanäle angewiesen. Ein zusätzliches Ereignis: Netzteil eines Servers fällt noch aus.
- Beobachtung: Moderatoren beobachten das Zusammenspiel, dokumentieren Reaktionszeit, Abstimmung, Kommunikationswege.
- Nachbereitung (1 Tag): Feedback-Workshop („Hot Wash“), diskutieren was lief, wo war Unsicherheit, wer brauchte Unterstützung. Dokumentation mit Lessons Learned. Maßnahmen / Verantwortlichkeiten formulieren.
Erkenntnisse (Beispiel)
- Die Notstromversorgung funktionierte technisch – aber das Umschalten war nicht automatisch dokumentiert: einige Mitarbeitende wussten nicht, wo sie Arbeitsplätze im Fallback beziehen sollen.
- Kommunikation: Der Krisenstab wurde zu spät informiert – Eskalationsweg war nicht klar genug.
- Priorisierung: Der Servicebereich wurde nicht priorisiert – kritische Kundenprozesse lagen brach.
- Empfehlung: Aktualisierung des Handbuchs, klare Rollen-Matrix, Übung für Home-Office-Fallback einplanen.
Durch diese Simulation wurden nicht nur technische Fragen beantwortet, sondern vor allem das Zusammenspiel von Technik, Mensch und Organisation getestet – echte Resilienz entsteht genau dort.
Von Übung zu gelebter Resilienz
Damit Simulationen ihren vollen Nutzen entfalten, gilt es einige Best-Practices zu beachten:
- Starten Sie mit kleineren Übungen (z. B. Tabletop) und steigern Sie den Realitätsgrad nach und nach.
- Involvieren Sie alle relevanten Bereiche: IT, Business, Management, Kommunikation, Makler/Dienstleister – nicht nur Technik.
- Überraschungselemente erhöhen den Realitätsgrad: z. B. paralleler Ausfall, Medienanruf, Lieferantenausfall.
- Dokumentieren Sie die Ergebnisse: Nur durch Nachbereitung entsteht Lernen.
- Machen Sie BCM-Übungen regelmäßig – nicht nur einmal. Routine ist der Schlüssel.
- Verknüpfen Sie mit Standards wie ISO 22301 (Anforderungen an BCM-Systeme) und audit-relevanten Vorgaben.
Vorteile auf einen Blick
Wenn Sie BCM nicht nur als Compliance-Aufgabe, sondern als strategische Ressource begreifen, entsteht echter Mehrwert:
- Resilienz: Kritische Prozesse laufen auch in Krisen weiter.
- Sicherheit: Rollen, Zuständigkeiten und Abläufe sind klar.
- Compliance: Sie erfüllen regulatorische Anforderungen und Standards.
- Vertrauen: Kunden, Partner, Mitarbeitende wissen: Ihr Unternehmen ist vorbereitet.
- Verbesserung: Jede Simulation generiert konkrete Handlungsempfehlungen – für echte Weiterentwicklung.
Fazit
Mit einem gut durchdachten BCM-Prozess und realitätsnahen Simulationen machen Sie Ihre Organisation krisenfest. Sie sind vorbereitet, wenn es darauf ankommt – nicht erst dann, sondern bevor es ernst wird.
Simulation ist nicht das Ende, sondern der Anfang einer kontinuierlichen Lern- und Verbesserungsreise. Ihre Organisation gewinnt nicht nur Reaktionsfähigkeit – sondern echte Resilienz.
Wenn Sie Unterstützung beim Aufbau oder der Durchführung von BCM-Simulationen benötigen: Sprechen Sie uns gern an. Gemeinsam gestalten wir Übungen, die wirken – praxisnah, zielorientiert und wirkungsvoll.

Ihr Ansprechpartner
Andreas Müller

