In nahezu allen Branchen führt an Prozessoptimierung kein Weg vorbei.
Wettbewerbsdruck, Digitalisierung, Kundenerwartungen und Effizienzanforderungen verändern Geschäftsmodelle und Abläufe in rasantem Tempo.
Doch während Unternehmen erhebliche Budgets in Prozessinitiativen investieren, bleiben die Ergebnisse oft hinter den Erwartungen zurück. Studien zeigen immer wieder, dass ein signifikanter Anteil von Transformationsprogrammen:
- die erwarteten Einsparungen nicht erreicht,
- Automatisierungspotenziale nicht realisiert,
- oder nach anfänglichem Erfolg wieder in alte Muster zurückfällt.
Warum?
Weil erfolgreiche Prozessoptimierung nicht allein eine Frage der Methoden ist.
Sie ist eine Führungs-, Kultur- und Datenaufgabe.
Dieser Artikel zeigt einen strukturierten Ansatz, erläutert Erfolgsfaktoren und bietet Orientierung, wie Unternehmen Prozessarbeit nachhaltig verankern.
Warum klassische Prozessoptimierung scheitert
Viele Programme starten ambitioniert und enden frustriert. Typische Ursachen sind:
| Problem | Wirkung |
|---|---|
| Fokus auf Dokumentation statt Verhalten | Schöne Modelle, kein Effekt |
| Prozesssicht ohne End-to-End-Denken | Lokale Optimierung, globale Verschlechterung |
| Technologiefokus ohne Reifegrad | Automatisierung ineffizienter Abläufe |
| Fehlende Datenbasis | Entscheidungen nach Bauchgefühl |
| Widerstände in Teams | Geringe Adoption |
| Fehlende Umsetzung & Nachhaltigkeit | „Projekt fertig“ statt „Prozess erfolgreich“ |
Der entscheidende Punkt: Ein Prozessdiagramm optimiert keinen Prozess. Es ist ein Werkzeug, nicht das Ergebnis.
Grundprinzipien moderner Prozessoptimierung
End-to-End statt Abteilungsgrenzen
Effizienz entsteht entlang von Wertströmen – vom Kundenbedarf bis zur Ergebnislieferung.
Beispiele:
- „Incident Management“ statt „Service Desk Tickets“
- „Change Enablement“ statt „Change Controll“
Die Frage lautet nicht
„Wie funktioniert dieser Schritt?“
sondern
„Wie entsteht hier Wert?“
Datenbasierte Analyse statt Annahmen
Effektive Prozessarbeit beginnt mit Fakten:
- Durchlaufzeiten
- Liegezeiten
- Variantenanalysen
- Fehlerquoten
- Systemnutzung
- Kapazitäten & Engpässe
Daten schaffen Klarheit:
- Welche Schritte erzeugen Wert?
- Wo entstehen Verzögerungen?
- Welche Varianten dominieren wirklich?
Prozessoptimierung ohne Messung ist Verwaltung, nicht Verbesserung.
Standardisieren, bevor optimiert wird
Unstandardisierte Prozesse digitalisieren führt zu digitalem Chaos.
Stabilität ist Voraussetzung für Automatisierung.
Regeln:
- Komplexität reduzieren
- Varianten minimieren
- klare Verantwortlichkeiten
- einheitliche Arbeitsweisen
Je variabler ein Prozess – desto teurer seine Steuerung.
Automatisierung mit Bedacht
Automatisierung ist kein Selbstzweck. Sie ist Ergebnis einer Reife und Klarheit.
Was muss erfüllt sein:
- stabile Prozesslogik
- konsistente Daten (also auch die Daten aus anderen Quellen Bsp: Payroll)
- klare Verantwortlichkeiten
- definierte Ausnahmen
- messbare Ergebnisse
Automatisierung beschleunigt gute Prozesse – und eskaliert schlechte.
Menschen in den Mittelpunkt
Prozessarbeit ist Veränderungsarbeit.
Sie funktioniert nur, wenn:
- Beteiligung möglich ist
- Nutzen erkennbar wird
- Kompetenzen aufgebaut werden
- Führung mitzieht
Insbesondere wichtig: Teamkultur entscheidet über Prozessreife.
Ein Prozess ist dann erfolgreich, wenn Mitarbeitende sagen:
„Das macht unsere Arbeit besser.“
Methoden & Frameworks im Zusammenspiel
Gute Prozessoptimierung ist kein Methodendogma.
Erfolgreiche Ansätze kombinieren:
- Lean (Verschwendung eliminieren)
- Six Sigma (Qualität & Variation)
- ITIL (Serviceorientierung)
- Design-Thinking (Kundenzentrierung)
- OKR (zielorientierte Umsetzung)
- BPMN / DMN (strukturierte Modellierung)
- Agile Delivery (inkrementelle Umsetzung)
Frameworks dienen der Orientierung, nicht der Ideologie.
Vorgehensmodell – strukturierte Prozessoptimierung
Ein bewährtes Vorgehensmodell zur Prozessoptimierung sieht folgendermaßen aus:
- Zieldefinition & Scope
- geschäftliche Ziele
- Messgrößen definieren (vorher/nachher)
- Ist-Analyse
- Analyse der Daten und Dokumente
- Interviews & Shadowing von Schlüsselpersonal
- Erstellen einer Prozesslandkarte (falls noch nicht vorhanden)
- Performance-Messung des Ist-Zustands durchführen und dokumentieren
- Identifikation von Hebeln
- Wo entstehen Engpässe
- Wo tritt Verschwendung auf
- Gibt es Varianten des Prozesses
- Sind Medienbrüche vorhanden
- Design des Soll-Prozesses
- Kunden- & Mitarbeitenden-Perspektive in Workshops herausarbeiten.
- Standard vs. Flexibilität
- klare Rollen definieren und Verantwortlichkeiten festlegen
- Pilotierung & Validierung
- Eine kontrollierte Einführung im Kleinen hilft oft dem Rest der Organisation
- Feedback-Schleifen einbauen
- Performance-Messung durchführen (siehe Zieldefinition)
- Rollout
- Trainings für Mitarbeiter und Replikatoren einplanen
- Dokumentation bereitstellen (z.B. auch in Form von Videos)
- Governance vom ersten Tag an etablieren
- Kontinuierliche Verbesserung
- Prozess-KPIs sollen kontinuierlich erhoben und betrachtet werden
- Lessons Learned
- regelmäßige Reviews auf Basis der
Kennzahlen und Messgrößen
Wenn ein Prozess nicht gemessen wird,
wird er nicht verbessert — sondern bestenfalls verwaltet.
Daher ist es wichtig adequate Kennzahlen zu erheben und diese (am besten kontinuierlich und automatisiert) über einen längeren Zeitraum zu betrachten.
| Kategorie | Beispiele |
|---|---|
| Zeit | Durchlaufzeit, Wartezeit, Variationsbreite |
| Qualität | Fehlerquote, Nachbearbeitung |
| Effizienz | Automatisierungsgrad, Kosten pro Vorgang |
| Erlebnis | Kundenzufriedenheit, Mitarbeitenden-Feedback |
Rolle der Führung
Leadership ist die wichtigste Stellschraube. Daher hat die Rolle des Managements bei der Prozessoptimierung eine essenzielle Aufgaben:
- Ziele setzen
- Entscheidungsrahmen schaffen
- Prioritäten halten
- Teams befähigen
- Hindernisse entfernen
Prozesse scheitern selten an Teams – sie scheitern an fehlender Priorität.
Fazit
Prozessoptimierung ist eine strategische Kompetenz.
Sie schafft: Geschwindigkeit, Qualität, Kostenkontrolle und Transparenz, Kundenzufriedenheit und letztendlich Resilience!
Der Kern der Prozessoptimierung muss immer sein:
- datenbasiert denken
- mit Menschen arbeiten
- Wertströme verstehen
- kontinuierlich verbessern
Prozesse leben nicht in Tools und Diagrammen, sondern in Entscheidungen, Verhalten und Zusammenarbeit. Wenn Organisationen dieses Paradigma leben, entwickeln sie nicht nur bessere Abläufe – sondern eine bessere Kultur.

Ihr Ansprechpartner
Andreas Müller

