In einer zunehmend digitalisierten Welt wird Software zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Unternehmen jeder Größe – von Start-ups bis zu globalen Konzernen – sind darauf angewiesen, qualitativ hochwertige Softwarelösungen schnell und zuverlässig auf den Markt zu bringen. 
Dabei steigen nicht nur die Anforderungen an Funktionalität, Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit, sondern auch an die Geschwindigkeit der Auslieferung. Klassische manuelle Testverfahren geraten in diesem Umfeld rasch an ihre Grenzen. Hier setzt die Testautomatisierung an, die es erlaubt, wiederkehrende Testfälle effizient und zuverlässig auszuführen.

Das Projektmanagement wiederum hat die Aufgabe, Ressourcen, Zeit und Qualität in Einklang zu bringen, um den Projekterfolg sicherzustellen. Der Einsatz von Testautomatisierung ist hierbei längst nicht nur eine technische Frage, sondern berührt strategische, organisatorische und wirtschaftliche Aspekte. In den folgenden Abschnitten wird die Notwendigkeit von Testautomatisierung im Projektmanagement erläutert, ihre Chancen beschrieben und Herausforderungen aufgezeigt, wie sie erfolgreich implementiert werden kann. 
Dies geschieht zudem auch unter Berücksichtigung der entsprechenden Kennzahlen (KPI’s, Key Performance Indicators) für ein erfolgreiches Testmanagement, da diese ein Mess- und Steuerindikator sind, bei Betrachtung der Wirksamkeit als auch Effizienz eben solcher automatisierten Tests.

Grundlagen der Testautomatisierung inkl. Definition

Testautomatisierung bezeichnet den Einsatz von Softwaretools zur automatisierten Durchführung von Tests, die normalerweise manuell ausgeführt würden. Dabei werden Testskripte erstellt, die bestimmte Funktionen oder Abläufe innerhalb einer Anwendung prüfen. Die Automatisierung kann verschiedene Testarten abdecken, darunter:

  • Unit-Tests: Überprüfung einzelner Codeeinheiten
  • Integrationstests: Sicherstellung der Zusammenarbeit verschiedener Komponenten (bspw. Hardware + Software)
  • Systemtests: Prüfung des Gesamtsystems in einer produktionsnahen Umgebung
  • Regressionstests: Sicherstellung, dass neue Änderungen keine bestehenden Funktionen beeinträchtigen
  • Performancetests: Messung von Geschwindigkeit und Skalierbarkeit
  • Endurancetests: Stabilitätstest über einen längeren Zeitraum (bspw.: Lifecycle-Abbildung)

Die Automatisierung dieser Tests ermöglicht eine schnellere, konsistentere und wiederholbare Qualitätssicherung.

Abgrenzung zu manuellen Tests

Während manuelle Tests vor allem bei explorativen, einmaligen oder sehr komplexen Szenarien sinnvoll bleiben, zielt die Automatisierung auf repetitive, zeitaufwändige und standardisierte Testaufgaben oder aber auch Testaufgaben, die ein Mensch schlicht nicht ausführen kann. Sie ergänzt und erweitert damit, anstatt menschliche Tester vollständig zu ersetzen.

Wichtige Kennzahlen im Testmanagement

1. Testabdeckung (Test Coverage)

  • Definition: Anteil der getesteten Anforderungen, Codezeilen oder Funktionen.
  • Beispiel: „80 % der Anforderungen wurden durch Tests abgedeckt.“
  • Nutzen: Zeigt, wie umfassend das System getestet wurde.

2. Fehlerrate (Defect Density)

  • Definition: Anzahl der gefundenen Fehler pro 1.000 Codezeilen oder pro Funktion.
  • Nutzen: Gibt Hinweise auf die Qualität des Codes und potenzielle Risikobereiche.

3. Fehlerbehebungszeit (Defect Fix Time)

  • Definition: Durchschnittliche Zeit, die benötigt wird, um einen Fehler zu beheben.
  • Nutzen: Bewertet die Effizienz des Entwicklerteams und die Reaktionsfähigkeit.

4. Testdurchführungsrate

  • Definition: Anzahl der durchgeführten Tests pro Zeiteinheit (z. B. pro Tag).
  • Nutzen: Misst die Geschwindigkeit der Testausführung, besonders relevant bei automatisierten Tests.

5. Automatisierungsgrad

  • Definition: Anteil der automatisierten Tests an allen Tests.
  • Nutzen: Zeigt den Fortschritt und Nutzen der Testautomatisierung im Projekt.

6. Fehlerrücklaufquote (Defect Reopen Rate)

  • Definition: Anteil der Fehler, die nach einer vermeintlichen Behebung erneut auftreten.
  • Nutzen: Indikator für die Qualität der Fehlerbehebung und Regressionstests.

7. Testfall-Erfolgsquote

  • Definition: Anteil der erfolgreich abgeschlossenen Testfälle.
  • Nutzen: Gibt einen Überblick über die Stabilität der Anwendung.

8. Anforderungsabdeckung

  • Definition: Anteil der Anforderungen, die durch Testfälle abgedeckt sind.
  • Nutzen: Sicherstellung, dass alle funktionalen und nicht-funktionalen Anforderungen getestet werden.

9. Testaufwandsquote

  • Definition: Verhältnis von Testaufwand zum Gesamtprojektaufwand.
  • Nutzen: Hilft bei der Ressourcenplanung und Budgetkontrolle.

10. Fehlerverteilung nach Testphase

  • Definition: Anzahl der Fehler, die in jeder Testphase (Unit, Integration, System, Abnahme) gefunden wurden.
  • Nutzen: Identifiziert Schwächen im Entwicklungsprozess.
Zusätzliche Metriken für agile Projekte
  • Sprint-Testabdeckung
  • Durchschnittliche Testdauer pro Sprint
  • Anzahl automatisierter Tests pro Sprint
  • Testverzögerungen vs. Sprintziele

Die Rolle von Testautomatisierung im Projektmanagement

Qualität als Projektziel

Projektmanagement ist immer ein Balanceakt zwischen Zeit, Kosten und Qualität. Der Aspekt der Qualität wird oft als dritte Dimension oder Ebene gesehen, die oberste Priorität hat und entsprechend nicht verhandelbar ist. Eine Testautomatisierung trägt direkt zur Qualitätssicherung bei, indem sie frühzeitig Fehler aufdeckt und die Stabilität der Software sicherstellt und garantiert.

Zeit- und Ressourcendruck

Projekte stehen regelmäßig unter Termindruck. Manuelle Testzyklen sind zeitintensiv und verzögern Releases. Automatisierung ermöglicht schnellere Feedbackzyklen und reduziert die Abhängigkeit von großen Testteams, da Testläufe auch außerhalb der gewöhnlichen Arbeitszeiten ablaufen können. (bspw. Endurance-Tests über das Wochenende)

Risikomanagement

Fehler in ausgelieferter Software können massive finanzielle und reputative Schäden verursachen. Projektmanager müssen Risiken minimieren. Automatisierte Tests wirken als präventive Maßnahme im Risikomanagement, indem sie systematisch und konsistent prüfen.

Wirtschaftlichkeit

Obwohl die Einführung von Testautomatisierung zunächst Investitionen erfordert, zahlt sie sich langfristig durch Einsparungen in Testzeiten, Fehlerrückläufen und Supportkosten aus. Ein durchdachtes Projektmanagement muss diese Gesamtkostenbilanz berücksichtigen. Zudem bietet eine etablierte Testautomatisierung die Möglichkeit der Wiederverwendung für künftige Projekte. (Re-Usability, Lessons Learnd)

Vorteile von Testautomatisierung im Projektmanagement

Effizienzsteigerung

Einmal entwickelte Testskripte lassen sich beliebig oft wiederverwenden. Regressionstests, die manuell Tage dauern würden, können automatisiert in Stunden oder gar Minuten durchgeführt werden. Zudem können automatisch Testreports erstellt werden und diese auch automatisiert mit den Anforderungen abgeglichen werden, sodass eine anschließende Metrik Auskunft über den aktuellen Status bietet.

Frühzeitige Fehlererkennung

Dank Continuous Integration und Continuous Testing werden Fehler unmittelbar nach ihrer Einführung erkannt. Dies reduziert die Kosten der Fehlerbehebung erheblich, da die Behebung im frühen Entwicklungsstadium günstiger ist als nach einem Release und man entsprechend schneller und flexibler auch auf Fehler reagieren und diese abstellen kann.

Skalierbarkeit

Automatisierte Tests lassen sich parallel auf verschiedenen Plattformen, Betriebssystemen und Endgeräten ausführen. Dadurch kann die Abdeckung deutlich erhöht werden.

Reproduzierbarkeit und Objektivität

Automatisierte Tests führen stets dieselben Schritte aus, wodurch subjektive Einflüsse oder Flüchtigkeitsfehler ausgeschlossen werden. Das erhöht die Aussagekraft der Testergebnisse.

Unterstützung agiler Methoden

In agilen Projekten mit kurzen Sprints und kontinuierlichen Releases sind schnelle Feedbackzyklen unerlässlich. Automatisierung ist die Voraussetzung für praktikables Testen in solchen Umgebungen.

Nicht manuell ausführbare Tests

Es gibt Anforderung und Testfälle die beispielsweise zeitkritisch sind und entsprechend nicht manuell von einem Anwender durchgeführt werden können.

Re-Usability

Bei standartisierten Testfällen und Testumgebungen können diese mit kleineren Anpassungen auch in künftigen, ähnlich gestalteten Projekten wiederverwendet werden, was dann in diesen Projekten Zeit und Ressourcen spart.

Herausforderungen und Grenzen der Testautomatisierung

Hohe Anfangsinvestition

Die Einführung von Testautomatisierung erfordert Anschaffungskosten für Tools, Einarbeitung, Infrastruktur und die Entwicklung erster Testskripte. Dies kann Projektmanager vor Budgetfragen als auch Planungsfragen stellen. Gerade zu Beginn ist der initiale Aufwand an die Entwickler immens und auch fehleranfällig, da mitunter einzelne Aspekte von Testfällen nicht oder falsch übertragen werden, falls beispielsweise manuelle Tests automatisiert werden.

Wartungsaufwand

Automatisierte Tests müssen kontinuierlich gepflegt werden. Änderungen am Code oder an der Benutzeroberfläche können dazu führen, dass Tests fehlschlagen, obwohl die Software korrekt funktioniert.

Nicht alles ist automatisierbar

Es gibt Arten von Tests welche sich schwer bis gar nicht automatisieren lassen und entsprechend weiterhin manuell abgedeckt werden müssen: Explorative Tests, Usability-Prüfungen oder kreative Fehlersuche sind weiterhin auf menschliche Tester angewiesen. Automatisierung ist kein Allheilmittel und hat auch ihre Grenzen.

Know-how-Anforderungen

Die Entwicklung und Pflege automatisierter Tests erfordert technisches Fachwissen. Ein Projektmanagement muss sicherstellen, dass das Team entsprechend geschult ist. Wie bereits erwähnt ist gerade zu Beginn dieser Wechsel möglicherweise etwas langwieriger und bedarf entsprechender Planung und Berücksichtigung im Testplan.

Gefahr der „Scheinqualität“

Ein umfangreiches Set an automatisierten Tests kann trügerische Sicherheit geben. Werden Tests nicht sinnvoll ausgewählt und modelliert, bleiben kritische Szenarien und auch Requirements ungetestet.

Wirtschaftliche Betrachtung im Projektmanagement

Return on Investment (ROI)

Die Einführung von Testautomatisierung lohnt sich vor allem bei langfristigen Projekten mit häufigen Releases oder aber auch bei absehbaren wiederkehrenden Projekten. (Re-Usability und Lessons Learned)

Projektmanager müssen den ROI anhand von eingesparter Testzeit, reduzierten Fehlerrückläufen und beschleunigter Markteinführung kalkulieren.

Kosten-Nutzen-Analyse

Eine genaue Analyse umfasst:

  • Kosten für Tools, Lizenzen und Infrastruktur
  • Aufwand für Entwicklung und Wartung der Tests
  • Einsparungen durch schnellere Testzyklen
  • Vermeidung von Produktionsfehlern und Supportkosten

Langfristige Wettbewerbsfähigkeit

Unternehmen, die früh in Automatisierung investieren, verschaffen sich einen Wettbewerbsvorteil, da sie Software schneller, stabiler und günstiger ausliefern können.

Strategien zur erfolgreichen Einführung von Testautomatisierung

Schrittweises Vorgehen

Anstatt das gesamte Testportfolio auf einmal zu automatisieren, sollten Pilotprojekte gestartet werden. Dadurch lassen sich Erfahrungen sammeln und Risiken minimieren. Jedoch sollte die Testautomatisierung frühestmöglich in einem Projekt geplant werden.

Auswahl geeigneter Testfälle

Nicht jeder Testfall eignet sich zur Automatisierung. Wiederkehrende, stabile und zeitintensive Tests sind erste Kandidaten.

Toolauswahl

Die Auswahl des passenden Testautomatisierungstools hängt ab von:

  • Technologie-Stack der Anwendung
  • Budget
  • Integration in bestehende Entwicklungs- und CI/CD-Prozesse
  • Benutzerfreundlichkeit und Community-Support

Teamqualifizierung

Ohne geschultes Personal scheitert jedes Automatisierungsprojekt. Trainings, Workshops und Wissensaufbau sind unerlässlich.

Integration in den Projektmanagementprozess

Automatisierung darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern muss in die Gesamtstrategie eingebettet sein. Agile Methoden wie Scrum oder DevOps bieten hierfür ideale Rahmenbedingungen.

Praxisbeispiele und Anwendungsszenarien

Agile Softwareentwicklung

In Scrum-Projekten ist der Sprint-Rhythmus oft nur zwei Wochen lang. Manuelle Regressionstests sind dort nicht praktikabel. Automatisierung ermöglicht hier kontinuierliche Qualitätssicherung.

DevOps-Umgebungen

In CI/CD-Pipelines wird Code mehrmals täglich ausgeliefert. Automatisierte Tests sind hier unverzichtbar, um schnelle und sichere Deployments zu gewährleisten.

Großunternehmen mit Legacy-Systemen

Auch in komplexen IT-Landschaften, die aus alten und neuen Komponenten bestehen, kann Automatisierung helfen, Regressionen zu verhindern und Modernisierungen abzusichern.

Mobile App Testing

Durch die Vielzahl an Geräten, Betriebssystemen und Bildschirmgrößen sind automatisierte Tests unverzichtbar, um Kompatibilität sicherzustellen.

Die Zukunft der Testautomatisierung im Projektmanagement

Künstliche Intelligenz

KI-gestützte Tools können Testfälle automatisch generieren, Wartungskosten senken und Fehlerquellen intelligent identifizieren. Dies wird die Effizienz nochmals steigern.

Testautomatisierung als Standard

In einigen Branchen (z. B. FinTech, Medizintechnik) wird Testautomatisierung bereits als unverzichtbarer Standard angesehen. Dieser Trend wird sich weiter verstärken.

Verschmelzung mit Projektmanagement-Tools

Zukünftig werden Testautomatisierungstools nahtlos in Projektmanagementlösungen integriert, sodass Teststatus, Risikoberichte und Qualitätsmetriken in Echtzeit verfügbar sind.

Fallbeispiel: Automotive Zulieferer Entwicklung Steuergerät

Ein internationaler Automobil-Zulieferer entwickelt eine Multi-Domain-Steuergeräte-Plattform für hochautomatisiertes Fahren und folgt dabei einem agilen Vorgehensmodell mit zweiwöchentlichen Sprints.

Der Testmanager fordert anhand des Testplans, dass die Release-Zyklen sich verkürzen und auch zusätzliche Endurance-Tests durchgeführt werden. Jedoch sieht der Projektplan keine weitere Möglichkeit für zusätzliche Testzeit.
Um diese Tests abbilden zu können, entwickelt das Systemintegrations-Team automatisierte Testfälle, welche zu Beginn des Wochenendes gestartet werden können und über dieses hinweg ausgeführt werden.

Diese Tests können ohne Mitarbeiter über das Wochenende ausgeführt werden und bieten am Montagmorgen ein weiteres, wichtiges Feedback für die Entwickler was die Stabilität des Releases angeht.

Dies führt zu folgenden Ergebnissen:

  • Release-Zyklen verkürzen sich um 20 Prozent
    • Die Fehlerquote reduziert sich um 30 Prozent
    • Ein verbessertes Feedback seitens der Entwickler
    • Eine höhere Stabilität führt zu einer größeren Kundenzufriedenheit

Fazit

Testautomatisierung ist längst kein optionales Add-on mehr, sondern ein entscheidender Erfolgsfaktor im modernen Projektmanagement. Sie ermöglicht es, Qualität, Geschwindigkeit und Kosten in Einklang zu bringen – eine Kernaufgabe jedes Projektleiters. Trotz anfänglicher Investitionen und Herausforderungen überwiegen die Vorteile doch sehr deutlich.

Die Notwendigkeit ergibt sich vor allem aus den gestiegenen Anforderungen an kurzen Release-Zyklen, hohen Qualitätsstandards und wirtschaftlicher Effizienz. Die Projektmanager, die Testautomatisierung konsequent in ihre Prozesse integrieren, schaffen eine solide Grundlage für nachhaltigen Projekterfolg und sichern die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Organisation.